Wie die Automobilhersteller durch Coopetition disruptive Märkte trotzdem beherrschbar machen

BMW und Daimler tun es. Volkswagen und Ford tun es ebenfalls. Fiat Chrysler wollte es mit Peugeot Zitrön tun. Da hat sich die französische Regierung eingemischt und „Nein“ gesagt!

Wovon ist die Rede und wie schlimm muss es sein, wenn sich sogar ein Staat einmischt und es verbietet?

Es geht darum, dass sich Konkurrenten zusammentun. Es geht nicht um einen Merger, sondern um eine Kooperation in einem ganz bestimmten Marktsegment. Hier dem Autonomen Fahren. Und bei BMW und Daimler darüber hinaus auch um das Marktsegment Car-Sharing, in dem die beiden Premiumhersteller fünf ihrer Konzerntöchter zu einem gemeinsamen Unternehmen namens NOW als Merger zusammengeschweißt haben (vor kurzem umbenannt in FREE NOW).

Die disruptiven Kräfte herrschen in den beiden Marktsegmenten Autonomes Fahren und Car-Sharing so gewaltig und vor allem sind die Kosten für die Entwicklung der notwendigen Systeme und Software so groß, dass man es alleine nicht schafft. Wenn schon Unternehmen mit einem 2- bis 3-stelligen Börsenwert das nicht schaffen, dann lässt das aufhorchen.

Und man könnte sogar einen Schritt weiter gehen: Nicht nur unter den konkurrierenden Automobilisten selbst wird kooperiert. Man kommt nicht umhin und kooperiert sogar mit den zukünftigen Wettbewerbern: Volkswagen mit Microsoft zum Bau der „Automotive Cloud“, Daimler mit Google zur Kooperation im Bereich Quantencomputing (siehe https://www.daimler.com/innovation/google-kooperation.html ).

Allein diese Aufzählungen zeigen sehr deutlich die bereits stattfindenden Verwerfungen bei den Automobilherstellern. Der durch Disruption notwendig gewordene Wandel zum Mobilitätsdienstleister kann nur durch Kooperationen mit Konkurrenten geschafft werden.

Was ist nun genau Coopetition?

Der Begriff „Coopetition“ setzt sich aus den beiden Wörtern „Cooperation“ (Kooperation) und „Competition“ (Wettbewerb) zusammen. Es wird also eine Kooperation zwischen Unternehmen eingegangen, die in direkter Konkurrenz zueinander stehen (siehe die obigen Beispiele).

Insbesondere in Marktsegmenten, die sich in einem starken Wandel befinden bzw. disruptiert werden, kann es sinnvoll sein, sich mit dem bisherigen Konkurrenten zu einer Kooperation zu entschließen bevor das Marktsegment vollständig an völlig neue Wettbewerber übergeht. In unserem obigen Beispiel aus der Automobil- bzw. Mobilitätsindustrie wäre einer dieser neuen Konkurrenten zum Beispiel Google mit der Alfabet-Tochter Waymo, die schon das autonome Fahren relativ weit fortgeschritten in den USA betreiben.

Warum sollte Google sich aber zu einer Kooperation mit BMW, Daimler oder Volkswagen entscheiden? Google ist viel weiter und würde teuer erworbenes Wissen kostenlos weitergeben. Denn eine Coopetition kann nur erfolgreich sein, wenn beide Kooperationspartner Vorteile daraus ziehen, also eine Win-Win-Situation für ein spezielles Marktsegment herstellen. Auf der anderen Seite würden die Premiumhersteller ihr Wissen im Autobau Google geben müssen, was sie aber sicherlich nicht wollen. Daher ist am Ende eine horizontale Coopetition zwischen Autobauern (BMW und Daimler oder VW und Ford) entstanden, die gegen die neuen Wettbewerber aus der IT-Industrie wie Google oder auch Uber und Baidu agieren.

Das Geflecht der notwendigen Kooperationen und damit auch der Abhängigkeiten wird dabei in der Automotive-Industrie immer komplexer. Denn ganz ohne vertikale Coopetitions mit Konkurrenten aus der IT-Industrie wird es nicht gehen. Woher sollen die Autobauer die notwendige Kompetenz zum Thema Künstlicher Intelligenz (KI) nehmen? Dazu braucht es die neuen Konkurrenten, die dann entweder gekauft werden (wie zum Beispiel Argo AI in dem Deal zwischen VW und Ford) oder kooperieren (wie das bereits genannte Beispiel der Kooperation zum Wissenserwerb im Bereich Quantencomputing zwischen Daimler und Google).

Was folgt daraus?

Der neu entstehende Mobilitätsmarkt findet sich gerade. Dazu gehören notwendigerweise die hier dargestellten Coopetitions. Wie lange diese aber halten und wie der Markt am Ende wirklich verteilt wird, ist damit noch relativ unklar. Es ist jedenfalls ein gutes Zeichen, dass sich die deutschen Premiumhersteller nicht zu fein sind in die Kooperationen mit Konkurrenten einzusteigen. Denn das für die neue Welt benötigte Wissen für die Entwicklung der neuen Technologien kann ohne Kooperationen oder Merger selbst niemals so schnell erworben werden wie es benötigt wird.

Ähnliche Blogbeiträge zum Weiterlesen: