Das Plattform-Geschäftsmodell: Warum sind Plattformen so gefährlich und doch so beliebt?

Das Plattformgeschäft ist als disruptives Geschäftsmodell nicht nur gefürchtet, sondern auch äußerst beliebt. Gefürchtet, weil traditionelle Unternehmen Angst haben, dass Ihnen ihr aktuelles Geschäftsmodell quasi von heute auf morgen wegbricht. Geliebt, weil es sehr attraktive Margen verspricht: 50% und mehr Umsatzrendite sind nicht selten und für traditionelle Unternehmen natürlich ein Traum!

Dabei sind Plattformen nicht neu. Schon mit Beginn der 2000er haben sich die ersten Plattformen gebildet. Im Grunde sind die Kleinanzeigen aus den Zeitungen in das Internet gewandert: Autokleinanzeigen sind jetzt bei mobile.de oder AutoScout, Immobilienannoncen findet man bei immowelt oder ImmoScout, Karriereoptionen sind bei stepstone oder Monster gelistet. Ein klassischer B2C-Markt. Die Zeitungsverlage nahmen vor den aufkommenden Plattformen horrende Summen für eine kleine Stellenanzeige. Dieses Geschäft fiel weg und mit dem ursprünglichen Content- bzw. Abo-Geschäft war nicht so viel Geld zu verdienen. Und wer liest heute noch eine physische Zeitung? Auch das ist als ePaper auf dem Tablet zum kleinen Preis oder sogar kostenlos im Internet verfügbar. Für viele Verleger war dies das Aus und gefühlt geschah dies über Nacht.

Seit einigen Jahren spielt sich dieses Szenario auch im B2B-Markt ab. Erste Branchen sind schon gründlich durcheinandergewürfelt worden: So zum Beispiel die Musikindustrie (Streaming-Plattformen anstatt CDs) , die Fernsehindustrie (Video on Demand Plattformen anstatt Videotheken oder DVDs/BlueRays). Neben diesen für jeden bekannten Industrien, sind auch echte Traditionalisten am Wanken. Die Stahlindustrie zum Beispiel. So hat sich Klöckner quasi neu erfunden mit der Plattform Klöckner i. Die Konkurrenz schläft nicht und daher gibt es den XOM Marketplace, der neben Stahl auch Kunststoffe auf seiner Plattform anbietet. Und auch die sehr traditionelle Chemieindustrie hat eine große Plattform namens Chemondis.

Ist es dann schon zu spät sich detailliert Gedanken zu einem passenden Plattform-Modell für traditionelle Unternehmen zu machen?

Zunächst muss einem klar sein, was die DNA von Plattformen eigentlich ist. Drei Vorteile machen aus meiner Sicht die Attraktivität eines Plattform-Geschäftsmodells aus:

  1. Es ist eine Vermittlungsbörse, die vom An- und Verkauf lebt. Je mehr Händler auf dieser Plattform aktiv sind, desto attraktiver das Modell. Es beruht auf dem für das Internet so typischen Netzwerkeffekt: Je mehr, desto mehr Macht. So kann eine Plattform schnell einen Markt erobern und dadurch ein Quasi-Monopol schaffen. Das ist auch der Grund, warum sich bei den Big Playern mittlerweile die Politik einmischt. Man spricht zuweilen von Verstaatlichungen oder zumindest Zerschlagungen, um die überbordende Marktmacht irgendwie im Zaum zu halten. Betroffen sind zunächst die Großen wie Facebook oder Google. Spannenderweise sieht das Management dieser Plattformbetreiber sogar ein, dass ihre Marktmacht zu groß geworden ist und überlegt selbst wie man dies regulieren kann. Ein bis dato kaum vorstellbarer Vorgang, der eindrucksvoll zeigt wie unheimlich groß die Marktmacht einer Plattform werden kann.
  2. Ein weiterer Vorteil ist, dass eine Plattform aufgrund des Vermittler- oder Händlergeschäftsmodells selbst keine physischen Produkte vorhalten und damit auch kein Lager und keine aufwändigen Supply-Chain-Prozesse haben muss. Das spart die industrietypischen Overheadkosten und darüber hinaus natürlich auch Personalkosten. Das ist der Grund warum diese traumhaften Margen möglich werden.
  3. Die Angebots- und Nachfrageseite auf einer Plattform bestimmt das Geschäft. Die Nachfrager lieben dieses Konzept. Denn es verspricht Transparenz und damit faire Preise. Individuelle Angebots- und Abo-Modelle sind auf Plattformen üblich (Beispiel: Man muss nicht mehr die ganze CD mit 14 Titeln kaufen, obwohl einen nur die ersten drei Titel interessieren). Durch diese Geschäftsmodelle wird die Kundenseite (Nachfrager) gebunden. Um als Plattform aber immer attraktiv zu bleiben, muss auch die Angebotsseite liefern. Hier kommt wieder der Netzwerkeffekt ins Spiel. Je höher die Nachfrage, desto mehr Angebote und Anbieter wollen auf der Plattform aktiv sein. Desto besser werden die Preise für die Kunden.

Wie kann ein solches Plattform-Geschäftsmodell aufgebaut werden? 3 Tipps zum Vorgehen:

  1. Plattform Set-Up: Was soll auf meiner Plattform vermittelt werden? Wer sind meine Anbieter und wie kann ich meine Plattform für die Anbieter möglichst interessant machen? Wer sind meine Nachfrager? Was ist der größte Nutzen für meine Nachfrager und wie kann ich den bereitstellen? Gibt es bereits Plattformen mit gleichen oder ähnlichen Produkten/Dienstleistungen wie meine? Wo bzw. mit welchen Produkten finde ich die richtige Nische und wo kann ich noch First-Mover sein?
  2. Pricing-Strategie: Bei der Festlegung des Preis-Geschäftsmodells geht es primär um die Frage: „Wer bezahlt?“ – Generell gilt als Antwort: Entweder der Anbieter oder Nachfrager. Entscheidend ist die Tatsache, ob Anbieter oder Nachfrager den größten Nutzen und dementsprechend die größere Zahlungsbereitschaft haben. In den meisten Fällen zahlt der Anbieter (Beispiel Stepstone/Monster: Die inserierenden Unternehmen zahlen die Job-Anzeige und nicht der Jobsuchende). Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, dass die Plattform rein durch Werbung bezahlt wird, aber dies ist vermutlich die schlechteste Variante, denn Werbung „nervt“ die Plattformbeteiligten, insbesondere im B2B-Umfeld.
  3. Marketing-Strategie: „Wie schafft man es, die Anbieter und Nachfrager auf die Plattform zu locken?“, ist die entscheidende Frage im Marketing. Gestartet werden muss mit den Anbietern. Denn Nachfrager auf eine Plattform ohne Angebot zu lotsen macht keinen Sinn. Die Frage ist: „Warum sollten die Anbieter mir vertrauen und Arbeit sowie Geld investieren und das noch auf einer Plattform, auf der alle Konkurrenten des Anbieters ebenfalls anbieten können?“ Tatsächlich ist das wohl eine der größten Hürden auf dem Weg zum Plattform-Business. Es muss dem Anbieter ein großer Nutzen geboten werden. Dies kann zum einen über den Preis erfolgen (Beispiel: Die Job-Anzeige in der Zeitung kostete damals schnell 10 T€ und mehr; auf der Plattform wird dies erheblich weniger kosten bzw. für einen kurzen (Test)-Zeitraum sogar kostenlos sein – die sogenannte Freemium-Strategie). Zum anderen kann dies über eine Art Nutzen-Geschenk erfolgen. So hat zum Beispiel die Plattform open-table zuerst eine Buchungssoftware für Restaurants angeboten. Diese hat den Restaurants sehr geholfen die Auslastungs- bzw. Buchungssituation zu managen. Man war also an Board. Dann kamen die Nachfrager von der anderen Seite und konnten direkt die Buchungssoftware nutzen und so war die Plattform vollständig und hat einen großen Nutzen für die Restaurants (Anbieter) als auch die Restaurantbesucher (Nachfrager bzw. Kunden) ausgelöst.

Man sieht: Das Plattform-Geschäft ist sehr spannend und lohnenswert. Machen Sie sich auf den Weg! Viel Erfolg beim Umsetzen der Ideen!

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